Track and Trace Lösungen
Serialisierte Datamatrix-Codierungen nach internationalen Standards (z. B. GS1) auf Verkaufspackungen und Logistikeinheiten sollen künftig dazu beitragen, die Nachverfolgbarkeit des Produkts, der Charge und der Verkaufseinheit über alle Logistikebenen in der (Agrar-)Chemie zuverlässig abzudecken. Der Beitrag beschreibt anhand einer konkreten Case-study, wie Betreiber eine konsequente Wege- und Rückverfolgung gemäß der Cristal-Richtlinie umsetzen können.
Eine erfolgreiche Ernte braucht nicht nur Düngemittel: Die im Jahr 2008 gegründete IPT Pergande betreibt am Standort Weissandt-Gölzau zahlreiche Produktionsanlagen zum Herstellen von flüssigen Formulierungen und Wirbelschicht-Granulaten sowie Anlagen zum Abfüllen und Konfektionieren. Sie besitzt außerdem ein eigenes Labor zur Qualitätsüberwachung und Qualitätsfreigabe der Produkte. Als Lohnproduzent namhafter Firmen stellt der Dienstleister eine Vielzahl von Produkten aus den Bereichen Pflanzenschutz und Waschmittelvorprodukten her. Die kundenbezogenen Dienstleistungen beginnen im Labor und Technikum und reichen bis zur Durchführung von kompletten großtechnischen Produktionen auf den eigenen Anlagen.
Anpassungen auf allen Ebenen
Neben der produktionsbegleitenden Qualitätsüberwachung (zertifiziert nach ISO 9001) bereitet sich der Lohnproduzent darauf vor, Kunden auch eine konsequente Wege- und Rückverfolgung (Track & Trace) der gefertigten Produkte nach den Cristal-Richtlinien der ECPA zu ermöglichen. Diese sieht serialisierte Datamatrix-Codierungen nach internationalen Standards (beispielsweise GS1) auf Verkaufspackungen und Logistikeinheiten vor, die dazu beitragen sollen, die Nachverfolgbarkeit des Produkts, der Charge und der Verkaufseinheit über alle Logistikebenen zuverlässig abzudecken. Um diese umsetzen zu können, muss der Betreiber Track & Trace-Funktionalitäten in seine Produktionslinien integrieren. Auch die Erweiterung der IT-Infrastruktur ist erforderlich, um mit geeigneter Software das Handling der Informationen und deren Steuerung/Zuteilung an die einzelnen Anlagen zu übernehmen. Hard- und Softwarekomponenten sollten hierbei modular aufgebaut sein, damit es bei neuen Anforderungen jederzeit möglich ist nachzurüsten.
Lösung aus einer Hand
Als Partner für die Realisierung dieses Projektes wählte der Dienstleister B+B Automations- und Steuerungstechnik in Beerfelden. Nach ersten Verhandlungen im Mai 2016 wurde der Auftrag im Januar erteilt, für dessen Abschluss die Projektpartner den Dezember 2017 vereinbarten. Die neuen Hardwarekomponenten verteilen sich auf mehrere Gebäude des Unternehmens und beinhalten unter anderem:
Zwei vollautomatische Etikettieranlagen, um Gebinde beidseitig beziehungsweise rundum und auf der Oberseite mit Etiketten zu versehen. Integriert sind Thermotransferdrucker und Hochleistungs-Kamerasysteme zur Kontrolle der gedruckten Daten. Eine weitere bereits vorhandene Etikettieranlage rüstet der Anbieter technisch nach. Zwei vollautomatische Etikettieranlagen, um gefällte Kartons mit insgesamt drei Etiketten zu versehen. Auch hier sind Thermotransferdrucker für das Aufbringen der variablen Daten integriert. Eine weitere bereits vorhandene Etikettieranlage rüstet der Anbieter technisch nach.Gebinde- und drei Kartonwaagen zur Kontrolle der Füllgewichte.Eine Multipack-Aggregation für drei Produktzuführungen, deren (gleiche oder unterschiedliche) Produkte der Betreiber in jeweils einem Umkarton zusammenfährt. Das System beinhaltet drei Kamerasensoren zur Datenerfassung, Scanner und Steuerung.Fünf mobile Aggregations-Arbeitsplätze für Paletten, jeweils ausgestattet mit Thermotransfer-Tischdruckern und 2D-Handscannern. Hier erfasst der Betreiber die Datamatrix-Codes der Kartons beim manuellen Palettiervorgang mit einem stationären 2D-Codescanner. Nach Erreichen der hinterlegten Sollmenge erzeugt das System automatisch ein SSCC-Palettenetikett. Nach dem Aufbringen des Etiketts erfasst ein Mitarbeiter dieses per Handscanner. Eine Umspulanlage für das Bedrucken von Etiketten mit variablen Serialisierungsdaten von Rolle zu Rolle. Das System ist ausgestattet mit drei Antrieben, Bahnkantensteuerung, Thermotransferdrucker und Hochleistungskamera zur Kontrolle der gedruckten Daten..
Modularer Software-Ansatz
Herzstück zum Steuern aller Abläufe ist die Softwarearchitektur des Anbieters, die aus vier verschiedenen Modulen besteht. Das erste Modul ist der Site Server, der als zentrale Datenbank die Schaltzentrale der kompletten Softwaremodule darstellt: Er verwaltet die Datenbank-Daten sowie Benutzerberechtigungen und ermöglicht den Datenaustausch mit den Produktionslinien und externen Systemen. Außerdem übernimmt er die Lizenzverwaltung der Software-Module (Produktion/Arbeitsplatz-PCs) und ist verantwortlich für den Daten- und Meldungsaustausch mit verschiedenen externen Repository- Datenbanken (beispielsweise EU-Hub) auf XML-Basis. Das zweite Modul ist der Site Manager, die zentrale Verwaltungssoftware für die Datenbank des Servers. Ãœber seine Benutzeroberfläche können berechtigte Anwender (beispielsweise innerhalb eines Netzwerks) alle Fertigungsaufträge verwalten. Weiterhin beschickt der Site Manager die unterschiedlichen Produktionslinien mit den Produktionsdaten. Nach Chargenende meldet die jeweilige Linie die gesammelten Daten “unter anderem auch die Listen der Seriennummern “automatisch an den Manager zurück.
Ob primär, sekundär oder tertiär
Das Aggregations-Modul dient zum Drucken, Prüfen und Erfassen der Aggregations- und Seriennummern aller Primär-, Sekundär- und Tertiäretiketten. Das Modul greift dafür auf die in der Datenbank des Site Servers enthaltenen Auftrags-, Chargen- und Artikeldaten zu, die die Site-Manager-Software verwaltet. Als Druck-Engine kommt die Etikettensoftware "LabelsPlatform" (LP4) zum Einsatz. Das Aggregation Label Module nutzt für den Etikettendruck die LP4-Druckbibliotheken und Druckeranbindung. Mithilfe des LP4-Etiketteneditors erzeugt das System die Layout-Vorlagen (*.LP4 Dateien) und legt diese in einem zentralen Etikettenverzeichnis ab.
Cristal im Detail:
Cristal (Communication Reliable Information and Standards to Agriculture and Logistics) ist eine Initiative der European Crop Protection Association (ECPA). Als Interessenverband der europäischen Pflanzenschutzindustrie vertritt die ECPA zahlreiche Unternehmen wie BASF, Bayer Cropscience, Dow Agrosciences, Dupont, Monsanto, Syngenta etc. und diverse nationale Industrieverbände. Cristal ermöglicht eine klare Dokumentation des Produktflusses: Track & Trace von der Produktion über den kompletten Vertriebskanal bis hin zum Endverbraucher. Diese Transparenz entlang der Lieferkette schafft die Basis für den Handel mit Produkten der Agrarchemie im Internet. Dabei setzt das System auf genormte Codierstandards. Diese lehnen sich an die globalen Standards der GS1 an, wie sie auch für FMD im Pharmabereich zum Einsatz kommen und weltweit verbreitet sind. Maschinenlesbare Codes (beispielsweise Datamatrix-Codes), werden auf Produktverpackungen und Logistikeinheiten aufgebracht. Mit diesen ist es möglich, alle Ebenen der Nach- und Rückverfolgbarkeit des Produkts, der Charge und der Verkaufseinheit abzudecken. Zudem ermöglicht die Serialisierung der Produkte und aggregierten Verpackungen das Ermitteln von Produktfälschungen.
(Noch) nur eine Empfehlung: Cristal ist bisher nur eine Empfehlung des Verbandes an seine Mitglieder und die gesamte europäische Pflanzenschutzindustrie. Verbindliche Vorschriften und Termine für die Anwendung gibt es bisher nicht. Erklärtes Ziel ist aber das Erreichen gesetzlicher Standards auf europäischer und globaler Ebene. Einige der erwähnten Branchenführer haben inzwischen mit der Implementierung begonnen und veranlassen ihre Zulieferer (Lohnhersteller und -verpacker), entsprechende Hardware zu installieren. Dazu gehört auch die Erweiterung der betrieblichen IT-Infrastruktur, um mit geeigneter Software das Handling der Informationen und deren Steuerung/Zuteilung an die einzelnen Anlagen zu realisieren.
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